Anrechnung des eigenen Einkommens auf die Hinterbliebenenrente
Wenn in einer Ehe eine Person stirbt und der überlebende Ehegatte bzw. die überlebende Ehegattin eine Hinterbliebenenrente erhält, dann stellt sich oft die Frage, ob das aktuelle Einkommen der überlebenden Person die Höhe der anstehenden Rente beeinflusst.
Dabei gilt grundsätzlich: Wenn das Nettoeinkommen den Freibetrag übersteigt, wird die Differenz zu 40 % auf die Witwenrente angerechnet. Der Freibetrag für die Einkommensanrechnung ist mit dem aktuellen Rentenwert verknüpft. So steigt er automatisch mit, wenn die Renten erhöht werden. Er beträgt für alle Hinterbliebenen das 26,4-Fache des Rentenwertes. Der Erhöhungsbetrag pro Kind, das Anspruch auf Waisenrente hat, beträgt immer das 5,6-Fache des Rentenwerts. Der aktuelle Wert 2024 beträgt somit 26,4 * 39,32 € = 1.038,05 € und zusätzlich für jedes Kind 5,6 * 220,19 €
Für die Einkommensanrechnung wird der Rentenversicherungsträger zunächst die Bruttobeträge des Einkommens ermitteln. Davon werden Pauschalwerte abgezogen, um ein Nettoeinkommen zu erhalten. Die Pauschalwerte sollen den tatsächlichen Abzügen relativ nahekommen. Wenn die Witwe beispielsweise abhängig beschäftigt sind, werden 40 % abgezogen. Wenn die Witwe eine Altersrente erhält, werden für den Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie für eine eventuelle Steuerbelastung pauschal 14 % abgezogen. Begann die Altersrente bereits vor dem 1. Januar 2011, beträgt der Pauschalabzug 13 %.
Beispiel: Junges Ehepaar in Erwerbsphase
Erika Käpsele (50 Jahre) war mit Horst (52 Jahre) bis zu seinem Tod verheiratet. Sie erhält seit Januar 2024 eine Witwenrente. Sie ist berufstätig und hat ein Kind in der Ausbildung. Im Jahr 2023 bekam sie (inkl. Weihnachtsgeld) ein Bruttoeinkommen von 30 000 €. Als monatliches Einkommen setzt ihr Rentenversicherungsträger daher 2 500 € (30 000 € / 12 Monate) an. Hätte sie im Vorjahr keine oder nur kurzfristige Einkünfte erzielt, dann gilt als monatliches Einkommen das laufende Einkommen – bei Selbständigen ein Zwölftel des voraussichtlichen Jahreseinkommens.
Von ihrem Einkommen aus Erwerbstätigkeit werden dann pauschal 40 % (zur Berücksichtigung von Steuern und Sozialabgaben) abgezogen. Ihr Nettoeinkommen beträgt somit 1.500 €. Der Freibetrag beträgt 1.038,05 € + 220,19 € = 1.258,24 €. Die Differenz beträgt 241,76 €. Davon werden 40 % auf die ursprünglich berechnete Witwenrente angerechnet, d.h. die Witwenrente vermindert sich um 96,70 €.
Hätte Erika ein regelmäßiges Vermögenseinkommen (beispielsweise Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder regelmäßige Kapitaleinkünfte über dem Sparerpauschbetrag), gilt als monatliches Einkommen grundsätzlich ein Zwölftel ihrer im Vorjahr erzielten Vermögenseinkünfte. Beim Brutto-Vermögenseinkommen werden in der Regel pauschal 25 % zur Berücksichtigung der Abgeltungssteuer abgezogen.
Folgende Einkünfte würden bei Erika auf die Witwenrente angerechnet:
- Einkommen aus Erwerbstätigkeit
- Erwerbsersatzeinkommen wie Arbeitslosengeld I, Krankengeld oder Renten der gesetzlichen Rentenversicherung
- Zinseinkünfte, Miet- und Pachteinnahmen, Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften
- Betriebsrenten
- Renten aus privaten Lebens-, Renten- oder Unfallversicherungen
- Elterngeld
- Vergleichbare Einkünfte aus dem Ausland
Die aufgelisteten Einkunftsarten sind für Erika allerdings nur deshalb alle relevant, da sie und ihr Ehemann relativ jung sind und deswegen das neue Recht (seit 2002) für Erika gilt.
Die Übergangs- und Vertrauensschutzregelungen bestimmen darüber, ob für den überlebenden Ehepartner die alten oder neuen Regeln für die Einkommensanrechnung gelten. Zum 1. Januar 2002 wurden bei der Einkommensanrechnung erhebliche Änderungen eingeführt. Nach dem alten Recht (vor 2002) werden lediglich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit und gewisse Erwerbsersatzeinkommen des Staates wie die gesetzliche Rente, Krankengeld oder Arbeitslosengeld angerechnet.
Für die Anwendung des alten Rechts gelten folgende Voraussetzungen:
- Der Ehepartner ist vor dem 1. Januar 2002 gestorben oder
- Die Ehepartner haben vor dem 1. Januar 2002 geheiratet haben und einer der Ehepartner ist vor dem 2. Januar 1962 geboren.
Beispiel: Altes Ehepaar in Rente
Marianne (68 Jahre) und Joseph Huber (70 Jahre) waren bis zu seinem Tod verheiratet. Die Hochzeit war am 14. Juni 1982. Marianne hat keine Kinder. Sie erhält seit Januar 2024 eine Witwenrente. Ihre gesetzliche Rente beträgt 1.700 € pro Monat. Zudem hat sie Mieteinnahmen von 820 €, eine Rente aus einer Kapitallebensversicherung von 240 € und Kapitaleinkünfte von 580 € im Monat.
Es gilt das alte Recht, da beide Voraussetzungen (Hochzeits- und Geburtsdatum) erfüllt sind. Damit zählt lediglich die gesetzliche Rente als anrechenbares Einkommen. Nach Abzug von pauschal 14 % ergibt sich ein Nettoeinkommen von 1.462 €. Anschließend wird das Nettoeinkommen um den Freibetrag von 1.038,05 € reduziert, so dass eine Differenz von 423,95 € übrig bleibt. Davon werden 40 % auf die ursprünglich berechnete Witwenrente angerechnet, d.h. die Witwenrente vermindert sich um 169,58 €.
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