Das Spar- und Anlageverhalten der Deutschen


Die deutschen Bürger haben im internationalen Vergleich in den letzten zwei Jahrzehnten schon immer eine überdurchschnittliche Sparquote erreicht. Während in Großbritannien die Quote in den letzten Jahren bei ca. 0 % lag oder in Spanien und Italien zwischen 1 % und 3 % schwankte, war sie in Deutschland relativ konstant bei 10 % bis 11 %. Nur in der Schweiz wurde mit gut 17 % mehr vom Einkommen auf die hohe Kante gelegt. Seit der Corona-Krise ist die Sparquote der Deutschen aber markant nach oben geschossen. Während dem 2.Quartal 2020 stieg die Quote gemäß der Deutschen Bundesbank auf 20 %. Erst nach dem Lockdown-Ende im Sommer sank sie wieder etwas ab, jedoch verbleibt letztlich laut der jüngsten Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts ein Jahresdurchschnitt von 16,2 %. Es stellt sich die Frage, wohin floss der Großteil dieser Ersparnisse.

Die Antwort passt zum konservativen Anlageverhalten der Deutschen in den letzten Jahren: Das meiste Kapital liegt in Form von Girokonten, Sparbüchern oder Tagesgeldern als Einlagen bei den deutschen Banken. Der Zuwachs der Bargeldbestände und Einlagen bei den privaten Haushalten betrug in den letzten 12 Monaten vom 3.Quartal 2019 bis zu 3.Quartal 2020 über 185 Mrd. €. Damit summieren sich Bargeldbestände und Einlagen der Deutschen mittlerweile auf 2,735 Bio. €. Bei einem gesamten Geldvermögen von 6,738 Bio. € ergibt dies eine Quote von 40,6 %. Immerhin erhöhten sich die Ansprüche aus Altersvorsorgeprodukte (Lebensversicherungen, Riester-Rente, etc.) um ca. 100 Mrd. €, sodass dieses Volumen auf 2,44 Bio. € anstieg und einen relativen Anteil von 36,2 % erzielte. Der relative Anteil von Investmentfonds und Aktien am gesamten Geldvermögen konnte zwar im 12-Monatsvergleich von 20,7 % auf 21,0 % zulegen, dies war jedoch den Bewertungsgewinnen der Aktien und Fonds geschuldet und ist nicht auf einen außerordentlich großen Kapitalfluss in den Aktiensektor zurückzuführen.

Im Vergleich anderen Industrienationen – insbesondere USA, bei denen mehr als 50 % des Geldvermögens in Aktien steckt – sind die deutschen Sparer weiterhin sehr risikoavers, obwohl eine Erhöhung des Zinsniveaus über die Inflationsrate in den nächsten Jahren sehr unwahrscheinlich ist. Damit entsteht eine negative Realverzinsung, d.h. ein Kaufkraftverlust, bei einem Großteil des Geldvermögens der Deutschen. Da auch in Deutschland die beliebte Anlageform der vermieteten Immobilie in den letzten Jahren aufgrund der stark steigenden Kaufpreise und der eher mäßig steigenden Mieten immer weniger Rendite abwirft, stellt sich die Frage: Welche Auswirkungen werden sich in den nächsten Jahren auf die Binnenwirtschaft ergeben, falls die Einkommenserhöhungen sich nicht mehr in dem Tempo der Vergangenheit entwickeln und sich gleichzeitig die Kaufkraft des Geldvermögens Jahr für Jahr verringert. Im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel der deutschen Bevölkerung und der weiterhin extrem expansiven Geldpolitik der EZB werden es spannende Jahre werden. Ändert sich langfristig das Sparverhalten der deutschen Bürger oder die Geld- und Fiskalpolitik der Eurozone? Wird Deutschland dem Beispiel Japan folgen, dem Land der Verschuldung, Stagnation und Zombie-Unternehmen?    

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