Die Grundrente ist beschlossen: Wer profitiert, was sind die Folgen?
Die Große Koalition hat sich nach monatelangen Diskussionen auf ein Konzept für eine sogenannte Grundrente geeinigt. Die Idee hinter der Grundrente ist ein Zuschlag für Rentner, die lange Zeit Pflichtbeiträge in die Rentenkasse gezahlt haben, aber trotzdem von Altersarmut bedroht sind.
Aus diesem Gedanken hat sich in der GroKo nach zähen Verhandlungen folgender Kompromiss entwickelt: Einen grundsätzlichen Anspruch auf die Grundrente haben Rentner, die mindestens 35 Jahre Rentenansprüche als Beschäftigte, aus Kindererziehungszeiten oder aus Pflegetätigkeit erworben haben, aber während ihrer Beitragszeit im Durchschnitt weniger als 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr gesammelt haben. Entgeltpunkte sind in der gesetzlichen Rentenversicherung die maßgebenden Einheiten für die Berechnung der Höhe des Rentenanspruchs. Die jährlich berechneten Entgeltpunkte ergeben sich aus dem Verhältnis von eigenem rentenversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt und Durchschnitt aller Versicherten:
Entgeltpunkte = Eigenes, rentenversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt / Durchschnittliches, rentenversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt aller Versicherten
Entspricht zum Beispiel das eigene Arbeitsentgelt in einem Jahr dem Durchschnitt, ergibt sich genau ein Entgeltpunkt. Für Beiträge auf das halbe Durchschnittseinkommen gibt es 0,5 Entgeltpunkte.
Wenn ein Rentner in 35 Jahren (oder mehr) im Durchschnitt nur zwischen 0,3 und 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr gesammelt hat, wird dieser Durchschnitt über die Grundrente nun auf bis zu 0,8 erhöht. Konkret wird der Rentenanspruch für 35 Jahre verdoppelt, jedoch maximal bis auf 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr. Der so ermittelte Zuschlag wird anschließend um 12,5 % gekürzt. So will der Gesetzgeber das sogenannte Äquivalenzprinzip wahren – denn die Rente hängt ja eigentlich von der Höhe der gezahlten Beiträge ab.
Die Regierung rechnet mit bis zu 1,5 Millionen Empfängern der Grundrente. Acht von zehn Anspruchsberechtigten sollen Frauen sein. Das BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat errechnet, dass eine Friseurin mit 40 Jahren Beitragszeit, durchschnittlich 0,4 erworbenen Entgeltpunkten pro Jahr und einer monatlichen Rente von 528,80 € über die Grundrente einen Zuschlag von 404,86 € pro Monat erhält. Es ist allerdings anzumerken, dass dieser Musterfall den maximalen Zuschlag aufzeigt. In den meisten Fällen dürfte der Zuschlag wesentlich geringer ausfallen.
Für Rentenempfänger, die 35 Beitragsjahre vorweisen können und trotz der Grundrente noch auf die Grundsicherung angewiesen sind, wird ein Freibetrag eingeführt. Bis zu dieser Grenze sollen Rentenzahlungen also nicht von der Grundsicherung abgezogen werden. Der Freibetrag beläuft sich auf 100 € monatlich plus 30 % der über den Freibetrag hinausgehenden Rentenzahlungen. Allerdings gibt es eine Höchstgrenze: Die Hälfte des Grundsicherungs-Regelsatzes, der maximale Vorteil im Vergleich zur Grundsicherung beträgt damit aktuell 212 €.
Auch für das Wohngeld gibt es in diesem Zusammenhang einen Freibetrag: Rentenempfänger, die zusätzlich auf Wohngeld angewiesen sind, bekommen ebenfalls einen Freibetrag, damit die Abzüge bei der Grundrente nicht zu groß ausfallen.
Damit nicht auch Rentner mit einem hohen sonstigen Einkommen von der Grundrente profitieren, wird eine Einkommensgrenze festgelegt: Die Grundrente in voller Höhe bekommen nur Personen bis zu einem monatlichen Einkommen von 1.250 € pro Monat. Für Paare liegt die Grenze bei 1.950 € pro Monat. Als Grundlage dient "das zu versteuernde Einkommen unter Hinzurechnung des steuerfrei gestellten Anteils der Rente und aller Kapitalerträge". Neben der Rente zählen auch Einnahmen aus Vermietung, Kapitalanlagen und betrieblicher oder privater Vorsorge.
Die Kosten der Grundrente werden auf 1,2 bis 1,5 Milliarden € jährlich geschätzt. Ein Großteil der Kosten soll über die Einnahmen aus der geplanten Finanztransaktionsteuer gedeckt werden. Jedoch gibt es auch innerhalb der CDU kritische Stimmen, dass die Kostenschätzung zu gering sei. Zudem würden die langfristigen Kosten deutlich ansteigen, sobald die Generation der sogenannten Baby-Boomer das Renteneintrittsalter erreichen. Aber nicht nur bei der Finanzierung wird der Entwurf kritisiert, sondern auch bei den Voraussetzungen für den Bezug einer Grundrente. Da keine Bedürftigkeitsprüfung stattfindet, sondern nur eine Einkommensgrenze gesetzt wird, können auch Rentner mit einem großen Vermögen eine Grundrente beziehen. Zum Beispiel könnte ein Millionär, der eine selbstgenutzte Villa besitzt, mehrere Goldbarren im Tresor liegen hat und einen sechs- oder siebenstelligen Betrag auf dem Girokonto aufweist, eine Grundrente vom Staat beziehen, falls er keine großen, jährlichen Einnahmen generiert.
Neben der Grundrente für Geringverdiener hat die sich GroKo noch auf eine weitere Änderungen verständigt: Unter anderem sollen ab 1. Januar 2020 laut dem Spahn-Entwurf die Sozialabgaben für die Empfänger von Betriebsrenten sinken. Nach diesem soll ein Freibetrag von 159 € für die Krankenkassenbeiträge eingeführt werden. Erst ab dieser Höhe werden dann Krankenkassenbeiträge für jeden weiteren Euro Betriebsrente fällig. Momentan werden für die komplette Höhe der Betriebsrenten die vollen Sätze zur gesetzlichen Krankenversicherung (14,6 % plus Zusatzbeitrag) und zur gesetzlichen Pflegeversicherung (3,05 % + gegebenenfalls Zuschlag für Kinderlose) abgeführt, sofern diese über der Freigrenze von 155,75 € monatlich liegen.
Durch die Änderung entgehen der gesetzlichen Krankenversicherung Einnahmen in Höhe von 1,2 Milliarden €. Zunächst soll bis 2023 das Geld aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds entnommen werden, danach müssen die Krankenkassen die Beitragsausfälle vollends alleine tragen.
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